Eine Bildungsteilzeit, dann wird Weiterbildung einfacher
Es war ein langer und steiniger Weg für Jörg Kappes – von der Hauptschule über die Berufsausbildung bis zum Maschinenbaustudium an der Fachhochschule Ulm. Die Aussicht auf eine anspruchsvolle und spannende Tätigkeit als Ingenieur lässt ihn das durchhalten, obwohl es finanziell nicht einfach ist. Eine Bildungsteilzeit hätte da vieles leichter gemacht, meint Jörg Kappes.
Eine Ausbildung bei Mahle in Rottweil (Schwarzwald), das war Jörgs Berufswunsch, als er die Hauptschule abschloss. Weil Mahle bevorzugt Azubis mit Realschulabschluss einstellt, wurde das erstmal nichts. So drückte Jörg gleich wieder die Schulbank und holte auf der Berufsschule der Fachrichtung Metall die Mittlere Reife nach. Dann klappte es 2008 bei Mahle: Der heute 24-Jährige konnte seine Ausbildung zum Industriemechaniker beginnen und sie 2012 erfolgreich abschließen.
Mahle übernahm alle Ausgebildeten, aber für Jörg sollten es weitere, höhere Ziele sein. Er setzt sich gerne für Menschen ein und möchte etwas bewegen und gestalten. Bei Mahle war Jörg auch in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) aktiv. Nach Ausbildungsabschluss ging er zusammen mit einem Freund auf eine Reise um die Welt und als er zurückkam, wusste er es: Er wollte auf dem Berufskolleg die Fachhochschulreife erreichen und dann entweder auf die Technikerschule gehen oder studieren. Für die (unbezahlte) Freistellung zur Weiterqualifizierung nahm er den baden-württembergischen Tarifvertrag Qualifizierung in Anspruch. Der sichert für maximal fünf Jahre die Rückkehr auf einen vergleichbaren Arbeitsplatz beim alten Arbeitgeber zu.
„Das Berufskolleg war hart“, sagt Jörg, aber er schaffte es. Vor der Technikerschule hätte er noch einmal ein Jahr im Betrieb arbeiten und Berufserfahrung sammeln müssen. Deshalb bewarb er sich „auf gut Glück“ gleich für ein Studium – und eher unverhofft klappte es. Seit Herbst 2013 ist er Maschinenbaustudent in Ulm und jetzt bereits im dritten Semester.
Bildungsteilzeit – ein echter Rückhalt
Jörg könnte glücklich studieren, wäre da nicht die Sache mit der Finanzierung. Er muss sich durchbeißen. Frühzeitig hatte er einiges auf die hohe Kante gelegt, BAfög (Unterstützung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz) bekommt er deshalb nicht. Ohne seine Eltern wäre er aber „komplett aufgeschmissen“, sein Auto musste er schon verkaufen. „Eine Bildungsteilzeit wäre deshalb super“, sagt Jörg, „das wäre ein echter Rückhalt.“
Trotz dieser Schwierigkeiten gibt Jörg eine klare Empfehlung: Jeder Bildungswillige sollte die Herausforderungen einer Weiterqualifizierung annehmen. Dabei hat der Weg über Ausbildung und Praxis im Betrieb einige Vorteile: „Die Betriebe stellen lieber Leute ein, die schon Berufs- und Lebenserfahrung haben.“ Eine Bildungsteilzeit würde diesen Weg noch deutlich erleichtern.
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