Die IG Metall fordert 8,5 Prozent mehr Geld – und die 32-Stunden-Woche, mit Lohnausgleich, zur Entlastung und zur Sicherung von Arbeitsplätzen in der Transformation. Die Stahlindustrie kann sich das leisten. Die Tarifverhandlungen starten Mitte November. Ab Dezember sind Warnstreiks möglich.
Am 13. November starten die Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie. Die Stahl-Tarifkommissionen fordern 8,5 Prozent mehr Geld, mit einer sozialen Komponente für untere Einkommen, sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit von 35 auf 32 Stunden in der Woche, mit Lohnausgleich. Die Forderungen haben die IG Metall-Mitglieder in den Betrieben monatelang diskutiert. Die IG Metall befragte zudem über 11 000 Beschäftigte.
32-Stunden-Woche sichert Arbeit und Fachkräfte
Die kürzeren Arbeitszeiten sollen die oft in Schicht arbeitenden Beschäftigten entlasten und zudem Arbeitsplätze sichern: Durch die Transformation, etwa die Umstellung von Koks auf Wasserstoff, wird langfristig weniger Arbeit benötigt. Das beobachten die Beschäftigten bereits in einigen Betrieben, wo der Umbau schon läuft, etwa bei Salzgitter Flachstahl.
Passend dazu fordern die Tarifkommissionen auch die Verlängerung der Tarifverträge zur Altersteilzeit und zur Beschäftigungssicherung. Zudem wird die Stahlindustrie durch kürzere Arbeitszeiten auch attraktiver für die Fachkräfte, die sie für die Transformation benötigt. Und schließlich belastet die Arbeit auch weniger und lässt mehr Zeit zum Leben: Bei 32 Stunden wäre auch eine 4-Tage-Woche möglich – und zwar eine gesunde, mit acht Stunden am Tag.
Stahlindustrie kann es sich leisten
Die Stahlarbeitgeber wettern gegen die Forderungen. Doch tatsächlich können sie sich das leisten: Die Umsätze erreichten 2022 Rekordniveau, auch 2023 läuft bisher gut. Die Energiekosten sind – noch – beherrschbar, da die Unternehmen meist langfristige Verträge geschlossen haben und zudem noch die staatlichen Energiepreisbremsen gelten. Allerdings laufen diese Ende April 2024 aus – und es ist wichtig, dass der von der IG Metall geforderte Brückenstrompreis endlich kommt.
Die Löhne hingegen sind nicht das Problem. Der Anteil der Lohnkosten in der Stahlerzeugung ist gering: 9 Prozent. Eine Lohnerhöhung um 8,5 Prozent würde die Gesamtkosten um lediglich 0,8 Prozent steigen lassen.
„Angesichts der steigenden Ausgaben unserer Beschäftigten und ihrer Leistungen ist die Forderung von 8,5 Prozent sehr moderat“, meint Dirk Vogeler, Mitglied der Tarifkommission Ost, und Betriebsratsvorsitzender bei ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt. Die 32-Stunden-Woche haben sie hier schon. Die Beschäftigten können wählen, ob sie 32 statt 35 Stunden arbeiten wollen – und die große Mehrheit entscheidet sich für mehr Zeit statt Geld: Derzeit zahlen sie die drei Stunden weniger noch allein. Wenn die 32-Stunden-Woche mit Lohnausgleich kommt, dann würde auch der Arbeitgeber bezahlen.
37 Prozent arbeiten unter 35 Stunden
ArcelorMittal ist keine Ausnahme: Schon jetzt arbeiten 37 Prozent der Beschäftigten in der Stahlindustrie weniger als 35 Stunden, etwa bei Thyssen-Krupp.
Das wollen Beschäftigte in anderen Betrieben auch, etwa bei der Georgsmarienhütte, wo schon heute die Hälfte der Beschäftigten tariflich freie Tage statt Geld wählt. „Vor allem Schichtbeschäftigte. Sie brauchen Entlastung“, erklärt Monika Friebe, die Vorsitzende des Betriebsrats im Konzern, die auch Mitglied der Tarifkommission Nordwest ist. „Und mit 32 Stunden wären auch gesündere Schichtmodelle möglich. Zudem wünschen sich gerade jüngere Beschäftigte mehr Zeit für sich und ihre Familien.
Reinhören: Mehr Infos zu Schichtarbeit in der Stahlindustrie in unserem Podcast „Maloche und Malibu“
Fahrplan Stahl-Tarifrunde
Nordwestdeutsche und ostdeutsche Stahlindustrie
(über 80 000 Beschäftigte)
Am 30. November 2023 laufen die bereits gekündigten Entgelttarife und damit auch die Friedenspflicht aus.
Ab 1. Dezember 2023 sind Warnstreiks möglich.
Die Planungen laufen. Infos gibt es bei Euren IG Metall-Vertrauensleuten im Betrieb, bei Eurem Betriebsrat oder bei Eurer IG Metall vor Ort.
Foto: Bernd Röttgers