1,7 Prozent mehr Geld, aber erst ab Juli 2025, weitere 1,9 Prozent ab Juli 2026 – für eine Laufzeit von 27 Monaten. Dieses Angebot haben die Arbeitgeber in der zweiten Runde der Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie vorgelegt. Für die IG Metall ist das: zu spät, zu lang, zu wenig.
Auch die zweite Runde der Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie endete in bisher neun Tarifgebieten ohne Ergebnis. Zwar legten die Arbeitgeber ein Angebot vor – doch das ist aus Sicht der IG Metall enttäuschend: 1,7 Prozent mehr Geld, aber erst ab Juli 2025, weitere 1,9 Prozent ab Juli 2026 – für eine Laufzeit von 27 Monate, also bis Ende 2026.
„Die Laufzeit ist zu lang, die Erhöhung zu niedrig und zu spät. Das Angebot enttäuscht und gleicht nicht mal die erwartete Inflation der nächsten Jahre aus“, kritisierte Daniel Friedrich, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Küste nach der zweiten Verhandlungsrunde am Dienstag in Bremen. „Trotz der Ankündigung, einen schnellen Abschluss anzustreben, haben sich im Arbeitgeberlager anscheinend die Hardliner durchgesetzt. So wird es schwierig, schnell zu einer guten Lösung zu kommen.“
IG Metall fordert 7 Prozent und 170 Euro mehr für Auszubildende
Die IG Metall fordert in der Metall-Tarifrunde 2024 aufgrund der in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Preise eine tabellenwirksame Erhöhung der Monatsentgelte um 7 Prozent sowie 170 Euro mehr im Monat für Auszubildende, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Aus Sicht der IG Metall sind ordentliche Erhöhungen nötig, um die Kaufkraft und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Das sagen auch die Wirtschaftsforscher in ihrem Herbstgutachten.
Dagegen missachte das Angebot der Arbeitgeber die Lage der Beschäftigten, macht Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter in Berlin-Brandenburg-Sachsen und Verhandlungsführer für Sachsen nach der Verhandlung in Leipzig am Donnerstag deutlich: „Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist ein Krisenverstärker.“
Auch Thorsten Gröger, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, äußerte sich am Freitag nach der Verhandlung in Sachsen-Anhalt mit klaren Worten an die Arbeitgeber: „Es braucht dauerhafte und kräftige Entgelterhöhungen – nur auf diese Weise kann der private Konsum wieder an Fahrt aufnehmen und nur so lassen sich gesamtkonjunkturelle Wachstumsimpulse setzen. Mit homöopathischen Entgeltsteigerungen lassen sich nicht die Inflationsbelastungen der letzten Jahre auffangen.“
„Wir müssen die Binnennachfrage stärken“, bekräftigt Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall. „Und bei aller Herausforderung: die Metall- und Elektroindustrie hat viele fette Jahre hinter sich. Das wissen auch die Arbeitgeber.“
Arbeitgeber gesprächsbereit bei Auszubildenden
Bei den Auszubildendenvergütungen sind die Arbeitgeber bereit, über eine überproportionale Erhöhung zu reden. Das bedeutet: Die von den Preissteigerungen besonders betroffenen Auszubildenden sollen prozentual mehr als die übrigen Beschäftigten erhalten. Eine konkrete Zahl wie die von der IG Metall geforderten 170 Euro haben die Arbeitgeber jedoch nicht genannt.
Allerdings haben die Arbeitgeber auch eigene Forderungen: Sie wollen eine dauerhafte automatische Differenzierung des jährlich gezahlten tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG) B – aktuell rund 600 Euro im Jahr – sowie eine Ausweitung des Differenzierungsvolumens. Konkret hieße das etwa: Ist die Rendite des Betriebs zu gering, dann soll das T-ZUG B – am liebsten noch mehr  –  automatisch wegfallen.
„Beim Thema Ausbildungsvergütung haben die Arbeitgeber heute anerkannt, dass die Auszubildenden eine überproportionale Erhöhung brauchen. Bei nur 1,7 Prozent in 2025 ist überproportional allerdings auch nur sehr wenig“, führt Horst Ott, Bezirksleiter der IG Metall Bayern und Verhandlungsführer am Dienstag in Nürnberg aus. „Das gleiche gilt für das Thema Differenzierung: Bei nur 1,7 Prozent in 2025 gibt es nicht mehr viel zu differenzieren.“
Neben dem Geld hat die IG Metall ja auch eine Ausweitung der T-ZUG-Wahloption zwischen Geld und Zeit ins Gespräch gebracht. Dazu haben IG Metall und Arbeitgeber nun Gespräche in einer Arbeitsgruppe vereinbart.
Insgesamt bleibt das angebotene Paket jedoch hinter den Erwartungen der IG Metall zurück. Jörg Köhlinger, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Mitte, forderte im Anschluss an die zweite Tarifverhandlung in Sulzbach die Arbeitgeber auf, mehr Engagement für eine Lösung des Tarifkonflikts zu zeigen.
Erneut demonstrieren Tausende vor den Verhandlungen
Vor den Verhandlungen machten erneut tausende Metallerinnen und Metaller draußen vor den Verhandlungslokalen und auf den Straßen Druck.
Vor der Verhandlung in Nürnberg waren 3500 Metallerinnen und Metaller bei einem Demonstrationszug durch die Innenstadt und der anschließenden Kundgebung vor dem Verhandlungslokal vor Ort (Video). Lautstark machten sie deutlich, wie dringend sie mehr Geld zum Leben brauchen.
Verhandlungsbegleitend fanden am Freitag in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in 87 Betrieben Aktionen und Infoveranstaltungen statt, bei denen rund 12.100 Beschäftigte aktiv waren.
Um auf die Preissteigerungen der letzten Monate hinzuweisen, überreichten Auszubildende bei der Verhandlung in Bremen den Arbeitgebervertretern symbolisch einen Einkaufskorb. Insbesondere Auszubildende sind überdurchschnittlich hart von den hohen Preisen für Lebensmittel und den hohen Mieten betroffen.
In Baden-Württemberg demonstrierten insgesamt 10.000 Beschäftigte – 6000 allein vor der Verhandlung in Ludwigsburg.
„Die Aktionen heute waren ein starkes Signal an die Arbeitgeber und sind ein Vorgeschmack, wozu wir bereit und in der Lage sind“, bekräftigt Barbara Resch, Verhandlungsführerin und IG Metall-Bezirksleiterin in Baden-Württemberg. „Die Beschäftigten, die jeden Tag ihren Beitrag zum Erfolg der Unternehmen leisten, haben mehr verdient. Wir fordern von den Arbeitgebern eine deutliche Verbesserung. Wir bereiten in den Betrieben jetzt die Warnstreiks vor.“
Ab 29. Oktober Warnstreiks zulässig
Nächste Woche Montag gehen die Tarifverhandlungen in Niedersachsen und Thüringen weiter.
Die ersten Termine für die dritte Verhandlungsrunde stehen bereits fest: Am 29. Oktober geht es in Küste, am 31. Oktober in Baden-Württemberg und der Mittelgruppe weiter. Am 5. November verhandeln IG Metall und Arbeitgeber für die Metall- und Elektroindustrie in Sachsen-Anhalt.
„Die Arbeitgeber sagen seit Wochen, sie wollen eine schnelle Tarifrunde und damit schnell Sicherheit und Klarheit für die Beschäftigten und Unternehmen“, kritisiert Knut Giesler, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall NRW. „Bei diesem Angebot sind Warnstreiks kaum zu vermeiden. Es braucht dann doch wieder den Druck der Beschäftigten.“
Die Friedenspflicht endet am 28. Oktober um 24 Uhr. Danach sind Warnstreiks zulässig.
* Titelbild: Werner Bachmeier