Keine Annäherung zum Auftakt der Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie. Die IG Metall fordert 7 Prozent mehr Geld und 170 Euro mehr im Monat für Auszubildende. Die Arbeitgeber lehnten die Forderungen ab. Vor den Verhandlungen demonstrierten tausende Metallerinnen und Metaller.
Die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie sind gestartet. Die erste Verhandlungsrunde Mittwoch in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen zwischen der IG Metall und den regionalen Arbeitgeberverbänden brachte noch keine Fortschritte. Die IG Metall fordert eine Erhöhung der Entgelte um 7 Prozent. Auszubildende sollen 170 Euro mehr im Monat erhalten.
Die Verhandlungskommissionen der IG Metall verwiesen auf die trotz des Rückgangs der Inflation immer noch hohen Preise.
Die Arbeitgeber lehnten die Forderungen der IG Metall ab – legten aber selbst keinerlei Angebot vor.
Keine Zeit für Taktiererei – mehr Kaufkraft nötig
„Dies ist nicht die Zeit für Taktiererei, für Hinhalten und Verzögern“, kritisierte Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer in Berlin, Brandenburg und Sachsen. „Dies ist die Zeit, um mit einer deutlichen Entgelterhöhung schnell Sicherheit für die Beschäftigten zu schaffen. Die Beschäftigten brauchen die Lohnsteigerung genau wie der Standort Deutschland, der auf einen Konjunkturschub durch eine höhere Kaufkraft angewiesen ist.“
„Es ist völlig unstrittig, dass die Industrie im Kontext der Transformation vor großen Herausforderungen steht, die zügig angegangen werden müssen“, erklärte Barbara Resch, Bezirksleiterin und Verhandlungsführerin in Baden-Württemberg, wo die Arbeitgeber im Vorfeld sogar eine „Nullrunde“ – also gar keine Lohnerhöhung – gefordert hatten. „Eine Nullrunde löst dabei kein einziges Problem, verschärft die Konjunkturkrise und wird von der IG Metall und den Beschäftigten nicht akzeptiert. Ich erwarte daher von den Arbeitgebern, dass sie dies anerkennen und zügig in echte Verhandlungen eintreten, um einen für alle Beteiligten guten Abschluss zu ermöglichen.“
Den Appellen aus Politik und Wirtschaft, bei den Lohnforderungen Maß zu halten, erteilte der Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Bayern, Horst Ott, ein Absage – und kritisierte die Schwarzmalerei der Arbeitgeber: „Mit unseren Löhnen kaufen wir ein und kurbeln den Konsum an. Wir sind kein Kostenfaktor, sondern eine Wirtschaftskraft. Wir erkennen die heterogene wirtschaftliche Lage in der Branche an und haben deshalb eine maßvolle und angemessene Forderung erstellt. Was in dieser Tarifrunde noch fehlt, ist der Respekt der Arbeitgeber gegenüber den Leistungen der Beschäftigten. Was fehlt, ist die Anerkennung der Notwendigkeit, dass die Menschen mehr Geld zum Leben brauchen.“
5000 demonstrierten vor der Verhandlung in München
5000 Metallerinnen und Metaller aus Betrieben in ganz Bayern kamen nach München, um für ihre Forderungen zu demonstrieren. Sie zogen mit Trommeln durch die Stadt zur Kundgebung vor dem Haus der Bayerischen Wirtschaft, um vor den Verhandlungen zwischen der IG Metall und dem Verband der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (vbm) Druck für ihre Forderungen zu machen.
„Auch dieses Mal haben uns die Arbeitgeber wieder provoziert – und behauptet, die Beschäftigten stünden nicht hinter unseren Forderungen“, kritisierte Sebastian Kunzendorf, Betriebsratsvorsitzender des Flugzeugteilebauers Premium Aerotec in Augsburg und Mitglied der Verhandlungskommission der IG Metall in seiner Rede. „Da haben wir ihnen heute schon mal die richtige Antwort gegeben.“
Die Verhandlungskommission übergab den Arbeitgebern einen Einkaufswagen: 34 Prozent teurer als 2021. Foto: Werner Bachmeier
Zu Beginn der Verhandlung drinnen im Haus der bayerischen Wirtschaft überreichte die IG Metall den Arbeitgebern Postkarten mit Forderungen der Beschäftigten. Die IG Metall Jugend übergab ihnen einen Einkaufswagen mit Lebensmitteln. Genau die gleichen Lebensmittel hatten die jungen Metallerinnen und Metaller bereits 2021 gekauft. Ergebnis: Der Inhalt des Einkaufswagens ist heute 34 Prozent teurer als 2021. Wie sollen Auszubildende so noch von ihrer Ausbildungsvergütung leben?
Arbeitskosten nicht der Grund für die Krise – Politik gefordert
Bei den Verhandlungen machte die IG Metall noch einmal deutlich, dass auch die Politik gefordert ist, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.
„Wenn einzelne Unternehmen in Schwierigkeiten stecken, sind dafür nicht die Arbeitskosten verantwortlich“, erklärte der sächsische Verhandlungsführer Dirk Schulze. „Um die Transformation erfolgreich zu gestalten, muss Deutschland auf Entlastungen bei den Energiekosten und eine aktive Industriepolitik setzen.“
Diese Woche weitere regionale Verhandlungen
Die erste Runde der Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie geht am Donnerstag in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen weiter. Am Freitag starten dann die Verhandlungen in Berlin-Brandenburg, in der Mittelgruppe (Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland), im Tarifgebiet Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim sowie in Sachsen-Anhalt.
Am Montag steigt dann auch das Tarifgebiet Küste (Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein sowie die Küstengebiete Niedersachsens) in die Verhandlungen ein.
Die Friedenspflicht läuft am 28. Oktober um 24 Uhr aus. Danach sind Warnstreiks möglich.
Fotos: Werner Bachmeier