Am 07. November ist Olaf Scholz beim Deutschen BetriebsräteTag zu Gast! Die Teilnehmenden Betriebsräte wurden eingeladen, dem Kanzler persönlich im Plenarsaal des Bonner Bundestags eine Frage zu stellen. Die Idee zu diesem Aufruf fand unsere Kollegin Nicole klasse und hat direkt in die Tasten gehauen. So kann das gehen…es gibt BRs, die nehmen Einladungen an und stellen Fragen…“gut so!“, Nicole!
Frage (dreiteilig) an Olaf Scholz:
Seit 29 Jahren kann ich als Mitglied des Betriebsrates (und 32 Jahre Gewerkschaftsmitglied) immer wieder das gleiche Dilemma in der Politik verfolgen. Es gibt Wahlversprechen, es gibt Interessensverbände (meine IG Metall ist eine davon) es gibt die Lobbyisten und es gibt selbstverständlich Menschen, die alle mehr oder weniger in diesen Themen auf ihre eigene Art und Weise und ihren jeweiligen Möglichkeiten mitspielen.
Demgegenüber steht die Realpolitik und die Erkenntnis, dass alles im Leben immer ein Kompromiss ist. Leider ist es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden Verständnis füreinander in alle Richtungen aufzubringen.
In allen Jahren musste ich als Betriebsrat aber feststellen: Wenn Du in einem Unternehmen arbeitest, dass Mittelstand und keine Aktiengesellschaft ist, bist Du immer auf Dich alleine gestellt. Alle Entscheidungen fallen immer nur für die „Großen“, bzw. die, die am lautesten schreien.
Wann findet Politik wieder für den Mittelstand statt?
Die „Großen“ predigen immer nach dem Prinzip „Verluste sozialisieren und Gewinne privatisieren“. Sofort wird die Keule geschwungen, wenn der Staat nicht hier oder da unterstützt werden XX Arbeitsplätze vernichtet. Wir haben während der Coronazeit kaum Hilfen in Anspruch genommen, haben uns aus allen Schwierigkeiten selbst herausgekämpft. Wobei das „Wir“ bedeutet Mitarbeiter, Betriebsrat, Geschäftsführung und Gewerkschaft. Da war nie auch nur ein Politiker, der uns zur Seite gestanden hätte. Die kommen immer nur zum Rundgang zu uns wenn mal wieder Wahlkampf ist. Wenn wir in einer Krise stecken, kannst Du noch so viele Hilferufe raus posaunen, da kommt nix.
Wann geht ihr endlich das Thema „für einen Arbeitsplatz erhaltenden Industriestrom“ an?
Es geht hier nicht darum, bis in die Unendlichkeit den Strompreis zu subventionieren. Sondern es geht um intelligente Übergangslösung bis der Industriestrom in Deutschland auch grün ist und in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht. Unsere zum Konzern gehörende Gießerei hat einen sehr guten Vorschlag gemacht, die IG Metall hat in den Verhandlungen für den neuen Tarifvertrag „Stahl“ gute Vorschläge gemacht. Aber Politik weigert sich, weil die Kassen in den letzten Jahren immer für die Großen und natürlich auch wegen Corona geplündert wurden.
Wir haben noch nie um Unterstützung gebeten oder gebettelt, aber die Strompreise müssen eine intelligentere Lösung erfahren. Sonst gehen hier in Deutschland bald tausende Arbeitsplätze verloren und die AfD mit ihrem rechten Kern gewinnt immer mehr Oberhand. Ist es wirklich das was Sie wollen?
Man darf nie vergessen, dass Deutschland als Produktionsstandort nicht nur wegen der vernünftigen Löhne im globalen Wettbewerb mit unverhältnismäßig großen Unterschieden kämpft. Es sind auch die Themen Bürokratie, Steuern, Strom etc. Jedes Unternehmen muss sich ständig vom Kopf bis zum Hinterteil neuen Herausforderungen stellen. Neue Prozesse, Methoden, Technologien, Führungsformen usw. Immer alles im globalen Wettbewerb. Nur die Politik, die kann als „altes unbewegliches Monster“ sich weiter so verhalten wie immer. Schade.
So verkommt der super Standort Deutschland irgendwann zum Entwicklungsland.