IG Metallsenioren auf den Spuren der Samt- und Seidenstadt

Redaktion 6. Oktober 2024 0

Die Senioren der IG Metall Krefeld besuchten im Rahmen ihres Sommerferienprogramms die ehemalige Paramentenweberei Hubert Gotzes, heute besser bekannt als das Haus der Seidenkultur.

Hubert Gotzes kaufte das Vierfensterhaus an der Luisenstraße 1908, welches bereits 1868 durch den Seidenweberfabrikanten Gottfried Diepers mit einem Websaal errichtet wurde, der speziell auf die Anforderungen des Handwebens zugeschnitten war.

Die großen Fenster, die nach Süden ausgerichtet sind, sorgten dafür, dass die Webstühle zu jeder Tageszeit ausreichend Licht erhielten. Es scheint, als hätte Gottfried Diepers mit diesem Websaal eine neue Form der Arbeitsorganisation eingeführt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts arbeiteten die meisten Weber noch in ihren eigenen Haushalten an den Webstühlen; erst allmählich wurden diese Arbeitsplätze in Fabriken zusammengelegt und zunehmend mechanisiert.

Früher gab es in Krefeld über zwanzig Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Paramenten spezialisiert hatten, darunter Zulieferer und Fertigungsbetriebe.
Der Begriff „Paramente“ (abgeleitet vom lateinischen „parare“, was „vorbereiten“ bedeutet) umfasst alle Textilien, die im Gottesdienst verwendet werden. Dazu zählen unter anderem die Altarwäsche wie Altartücher, Burse, Corporale und Kelchvelum sowie die Gewänder der Priester. Für die Herstellung dieser Textilien werden etwa 20 bis 30 Meter Stoff benötigt, was ideal für einen Handwebstuhl ist.

Durch seine Erfindung der Lochkarte entwickelte der Franzose Joseph-Marie Jacquard im Jahr 1805 den ersten mechanischen Webstuhl weiter. Durch diese Steuerung wurde das Weben grob gemusterter Gewebe ermöglicht.

Beim ursprünglichen Jacquardwebstuhl wurden die Platinenbewegungen durch Lochkarten gesteuert, wobei je Schuss eine Lochkarte benötigt wird. Dies war eine der ersten bekannten Anwendungen der Lochkartentechnik überhaupt. Aufgrund der zahlreich benötigten Lochkarten etablierte sich für die Herstellung der Karten das Berufsbild der Kartenschlägerin.

Die Krefelder Paramentenweberei erlangte im Jahr 1926 während des Eucharistischen Weltkongress in Chicago internationale Berühmtheit, da die Krefelder Stoffe die einzigen waren, deren Farben auch im strömenden Regen ihre Pracht behielten und nicht ausliefen.

Durch das zweite Vatikanische Konzil 1963-1965 und den Bestimmungen die Gewänder schlichter werden zu lassen sank der Bedarf weltweit.
An der Luisenstraße wurden noch  bis in die Achtziger Jahre kostbare Gewebe hergestellt. Mit dem plötzlichen Tod des letzten Webers 1989 wurde der Geschäftsbereich im Jahr 1992 geschlossen.

Da bis fast zur Jahrtausendwende auf den Jacquard-Handwebstühlen Stoffe mit Gold- und Silberfäden für exquisite Paramente gewebt wurden, blieb der Websaal in der Luisenstraße über nahezu einhundert Jahre hinweg weitgehend unverändert.

Das Haus der Seidenkultur empfängt Gruppen bis zu 15 Personen zu einem Festpreis von 130.- €,  in der ca. Zweistündigen Führung erleben und erfahren Sie wie zum Beispiel aus einem Seidenfaden ein Priestergewand wird.

 

 

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