Willi begrüßt uns am Empfang seiner Seniorenresidenz.
Seine Haltung gebeugt, gestützt auf einem Gehstock. Als er uns sieht geht der Kopf hoch und wir schauen in ein Gesicht mit einem verschmitzten Lächeln und funkelnden Augen. „Da sid Ihr joo, kommt mans rin, um 12 gibbet Mittagessen.“
In seinem Appartement sehen wir Zeugnisse seines bewegten Lebens.
Fotos von Willi mit Johannes Rau und Willi Brandt. Von seiner Frau Hilde, den Kindern und Enkelkindern. Ein üppig gefülltes Bücherregal ist Zeichen seines immer noch wachen Verstandes. „Die Maschine lüppt niet mehr so juut“ kommentiert Willi seine körperlichen Einschränkungen. Neben einem Lesesessel liegt die aktuelle Ausgabe der WZ und der metallzeitung.
„ich bin voll im Bilde, juut, dat Ihr ein Zeichen gesetzt habt gegen die geschminkten Nazis“ – er meint das Krefeld Festival für Meinungsfreiheit & politische Visionen an der Burg Linn.
Seine Stimme ist dünner geworden, er braucht zwischendurch Pausen, aber die Flamme lodert noch. Bei der Frage was in 70 Jahren IGM der größte Erfolg war nennt er kein solitäres Ereignis „der Zusammenhalt, das Miteinander, wenn aus Kollegen Freunde werden die sich gemeinsam stark machen für ein gute Sache, das hat mir Kraft gegeben und mich angetrieben“.
Willi berichtet von einer Zeit wo es in der SPD noch wirkliche Parteifreunde gab, denen die Themen wichtiger waren als Posten und persönliche Eitelkeit. Er sieht Gerhard Schröder als einen starken Typen, weiß aber um die Folgen seiner Agendapolitik, die auch das Verhältnis zu den Gewerkschaften stark eingetrübt hat.
Wie kommt die SPD wieder hoch? Willi frimelt an seiner Ponzelar-Krawatte, lächelt und sagt „ganz einfach, so wie es meine IG Metall macht: die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt des politischen Handelns stellen, sie ernsthaft beteiligen und aus Niederlagen lernen.“
Willi macht es traurig, dass sich die Britten scheiden lassen wollen und immer öfter Superreiche in die Politik gehen um Ihre Interessen noch besser zu vertreten. „Eine Nation ist kein Unternehmen, Diplomatie geht nicht mit nur 140 Zeichen.“ Seine Haltung ist klar. Wie schaut er auf Krefeld? „Der Stadtrat muss zusammenarbeiten – zum Wohle der Stadt und Ihrer Bürger.
Wer verantwortlich Politik gestalten möchte muss seine parteipolitischen Pettitessen hintenanstellen.“
Was er sich wünscht „Frieden, Gerechtigkeit und eine lebenswerte Umwelt – auf globaler Ebene. Für Europa die Wiederbelebung unserer Ideale – mit und füreinander in Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Für Krefeld – nur 3% Arbeitslosigkeit, gute Bildungseinrichtungen, viel Grün, tolle Fahrradwege und viele schöne Konzerte im Stadtwald. Und für mich ein Ende meiner Schmerzen und ein ruhiges Ende eines tollen Lebens in dem ich vielen spannenden Menschen begegnen durfte.“ Eine Träne schimmert in seinen Augen, doch das spitzbübische Lächeln kommt zurück und bevor er zum Essen geht dürfen wir noch einmal sein Lieblingsgedicht von Josef Brocker hören „Ech bön en Krieewelsch Boerschke, on bön so frech wie Plack, on wenn mech iemes ärjert, däm hau ech op dat Jack…“.