Liebe Kulturschaffende, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Zirka 5 Minuten Zeit braucht man, um den Brief/Aufruf unten zu lesen. Bitte nehmt euch die Zeit und unterzeichnet! – Denn die Zeit bis das Kulturleben auf Bühnen wieder richtig hergestellt ist, wird sehr viel länger dauern.
Hier ist der Aufruf und darum geht es: https://corona-hilfen-nachbessern.de/
1) (Nochmal) einen herzlichen Dank für diese Unterstützung. Mittlerweile sind wir bei über 12.400 Unterschriften und bei 30 Verbänden, Institutionen und Ensembles angekommen. Wir wollen weiter sammeln und die Debatte darüber führen.
Der Aufruf wurde zwei Mal an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Finanzminister Olaf Scholz, Minister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil, Minister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier, Frau Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters, Fraktionsvorsitzende von CDU, SPD, FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen, Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Landespolitik NRW, insbesondere die Ausschüsse Kultur und Medien, Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Finanzen verschickt. Zudem haben wir jetzt noch mal direkt Staatsministerin Prof. Monika Grütters und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier angeschrieben (siehe unten) und um ein Gespräch gebeten.
Etliche Landesregierungen und Landesparlamente sind ebenfalls angeschrieben worden. Weitere sollten folgen. Eine Textvorlage kann zur Verfügung gestellt werden.
Was ist erreicht: Unser Thema, teilweise auch der Aufruf, wurde in etlichen Presseartikeln, im Fernsehen, in Talkshows u.a. angesprochen. Im Ausschuss für Kultur und Medien als auch im Wirtschaftsausschuss wurde das angesprochen und diskutiert. Einige Länder habe jetzt noch mal zusätzlich Geld in die Hand genommen, um es mit dem Bundesprogramm im Kulturbereich als auch die Überbrückungshilfe zu kombinieren.
Unsere angesprochenen Probleme sind leider noch lange nicht hinreichend gelöst worden. Deswegen haben wir uns entschlossen, mit der Kampagne weiter zu machen. Jetzt ist erst einmal in den meisten Ländern Sommerpause. Aber danach geht es weiter.
Deswegen bitte weiter: Bitte jeweils auch Ihre MdBs und MdLs kontaktieren (die sind in der Sommerpause meistenteils zuhause und gut erreichbar) und diese bitten, sich damit zu befassen und demnächst in den Bundestag bzw. Landtag einzubringen. Sprechen Sie sie an, diskutieren Sie mit Ihnen, damit es Änderungen geben kann. Viele kennen Sie sicher. Wenn nicht, hier sind die Abgeordneten für den jeweiligen Wahlkreis oder Umgebung zu finden: https://www.bundestag.de/abgeordnete
Wir bleiben bei der Bitte an Sie, den Aufruf noch mehr zu verbreiten, jeweils 1, 2, 3 oder mehr Unterschriften zu gewinnen (beispielhaft Vater vom Bildenden Künstler, Mutter einer Oboistin, Opa einer Schauspielerin, Oma eines Solo-Selbständigen, Kind einer Freiberuflerin, Bekannte Schornsteinfegerinnen, Kolleg*innen, Freund*innen, Nachbarn u.a., vor allem auch Unterstützer*innen, die nicht selber betroffen sind, aber sich mit uns solidarisch zeigen), auf dass die Forderungen noch deutlicher ankommen.
Die Presse ist jetzt mehrmals informiert worden. Sie können uns helfen, indem Sie Ihre Kontakte zur Presse nutzen und auch die lokale Presse informieren. Auch hierfür kann eine Textgrundlage zur Verfügung gestellt werden.
2) Die Petition 111001: Wirtschaftsförderung und Wirtschaftssicherung – Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige vom 13.05.2020 Hier zu finden: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_05/_13/Petition_111001.nc.html
hat das Quorum mit über 50.000 Unterschriften erreicht (58.485). Deswegen muss diese nach Sommerpause auch im Bundestag behandelt werden. Das ist die Möglichkeit, das Thema noch mal in den Vordergrund zu stellen.
3) Wie geht es weiter? Haben Sie weiterhin keine Befürchtung, dass diese Mailingliste dauerhaft bedient wird. Wir melden uns nach der Sommerpause bzw. im August noch mal, wie das weiter gehen kann. Man sollte jetzt nicht aufgeben.
Bleiben Sie gesund!
Initiator*innen: Rainer Bode, Kulturberater Münster; Matthias Hornschuh, Komponist Köln; Ina Stock, Musikerin Köln; Gerrit Wustmann, Journalist Köln; Noam Zur, Dirigent Mülheim an der Ruhr, Sabine Lipan, Schriftstellerin Bielefeld
P.S.: Es wäre hilfreich, alle Informationen und Briefe weiter zu verbreiten.
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Anhang der Brief, der auch sinngemäß an Herrn Wirtschaftsminister Peter Altmaier ging!
An die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Frau Staatsministerin Prof. Monika Grütters
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Str. 1
10557 Berlin
Betr.: Situation der Solo-Selbstständigen, Freiberufler*innen und Künstler*innen
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Frau Monika Grütters,
als Initiatoren des Aufrufs Solo-Selbständige, Freiberufler*innen und Künstler*innen fordern wir Nachbesserungen im Soforthilfeprogramm „Neustart Kultur“ und bei der Förderung durch das Bundeswirtschaftsministerium in Form der Soforthilfen und Überbrückungshilfe und nehmen Bezug auf Ihr Interview im Mittagsmagazin der ARD am Donnerstag, 02.07.2020.
Unser Aufruf wurde inzwischen über 12.400 Mal unterschrieben. Diese Unterschriften stammen von betroffenen Solo-Selbständigen wie auch von vielen solidarischen Unterstützer*innen aus der gesamten Bevölkerung. Zu den Unterzeichner*innen gehören zudem ca. 30 Institutionen, Vereine und Ensembles. Die Anzahl der Unterschriften wächst weiter. Den aktuellen Stand können Sie hier abrufen: https://corona-hilfen-nachbessern.de/
Wir möchten uns gerne mit Ihnen über die Themen und Probleme austauschen, die in unserem Aufruf und im nachfolgenden Schreiben benannt sind. Sämtliche geschilderten Erfahrungen stammen direkt von betroffenen Künstler*innen; viele wurden im Rahmen zahlreicher Kulturberatungen an uns herangetragen.
Not und Verzweiflung der Solo-Selbständigen und Freiberufler*innen – besonders der Künstler*innen – wachsen dramatisch. Wir wissen, dass Sie weder für alle Hilfen und Förderprogramme noch Ihrem Mandat nach für alle Hilfesuchenden zuständig sind. Genau deswegen möchten wir mit Ihnen über eine Koordination sprechen.
Folgende Hauptprobleme sind bisher nicht gelöst, auch wenn das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt wird:
– Nichtanrechnung der Lebenshaltungskosten bzw. eines „Unternehmerlohns“ für die Antragsteller*innen: Mit Ausnahmen einiger Bundesländer werden nur betriebliche Fixkosten anerkannt. Nachdem ihre üblichen Verdienstmöglichkeiten durch staatliche Verfügung wegbrachen, müssen die Betroffenen aber von etwas leben können – auch, um jetzt oder später weiter ihrem Beruf nachgehen zu können. Viele der angesprochenen Kolleg*innen haben kaum oder wenig Betriebsausgaben; Betrieb und Person sind nicht zu trennen. Wer den Betrieb, den Beruf, wer Kunst und Kultur retten will, der muss die Ausübenden, die Künstler*innen, alle Solo-Selbständigen retten. Jetzt.
– Betriebsausgaben: Umfragen und Schätzungen legen nahe, dass über 50% der Künstler*innen und viele der übrigen Solo-Selbständigen und Freiberufler*innen weniger als € 3.000 Betriebsausgaben im Zuwendungszeitraum haben und die Hilfsprogramme ihnen entsprechend wenig bis kaum helfen. Max. 10 bis 15 % liegen bei € 6.000 Euro Betriebskosten und mehr – dabei ist noch völlig unklar, welche dieser Betriebskosten tatsächlich anerkannt werden. Wir halten die bisherigen Schätzungen für repräsentativ. Bei 100.000 Anträgen aus dem Bereich der Solo-Selbständigen, Freiberufler*innen und Künstler*innen bundesweit schätzen wir also, dass eine Summe von ca. € 900 Mio. ausgezahlt wurde. Davon wird ca. die Hälfte, sprich € 450 Mio. in den kommenden Monaten ungenutzt zurückgezahlt werden müssen, sodass die Hilfen nicht bei den Hilfsbedürftigen ankommen.
– Anrechnungspflicht von Einnahmen etc.: Es stellt sich heraus, dass alle vorhergesehenen und unvorhergesehenen Einnahmen in dem dreimonatigen Zuwendungszeitraum (verspätete Rechnungsbegleichungen, GVL Nach- und Vorauszahlungen, GEMA Zahlungen, Honorarnachzahlungen, Ausfallhonorare, Stipendien, vereinzelte Honorare für Online-Lesungen und diverses andere), darunter bedeutende Beträge, die in Vorjahren erwirtschaftet wurden, mit der Soforthilfe verrechnet werden. Die Deutsche Orchesterstiftung z.B., unterstützt von Ihnen, Frau Grütters, zahlt Spenden aus. Auch diese werden leider mit den Hilfen verrechnet. Die einen tun etwas Gutes, die anderen nehmen es wieder weg. Das kann nicht der Sinn der Sache sein! Viele Betroffene haben versucht, mit kleinen Aufträgen, Projekten, Auftritten, Livestreams u.a. wenigstens ein paar Einnahmen zu erzielen, um damit zumindest einen Teil ihrer Lebenshaltungskosten zu decken. Diese Verrechnung der wenigen Einnahmen führt dazu, dass nicht nur die wenigen Betriebskosten nicht erstattet werden, sondern auch das Geld in den nächsten Monaten für den Lebensunterhalt noch stärker fehlen wird. Damit wird ein Großteil der Zuwendungsempfänger*innen zwangsläufig in das nächste Unterstützungsprogramm gedrängt.
– Vergleichszeitraum Einkommensausfälle: Im neuen Programm des Wirtschaftsministers sind die Genannten wieder nur am Rande erwähnt und das nur mit laufenden Kosten, einer komplizierten Berechnung und einer Beratungspflicht. Der Vergleich mit nur zwei Monaten, hier den Monaten April und Mai 2019 ergibt für Solo-Selbständige, besonders Künstler*innen, oft keinen Sinn. Denn egal wie hoch das Einkommen in 2019 insgesamt war: Wer im April und Mai 2019 wenig verdient hat (Krankheit, keine Lesungen wegen Osterferien und Feiertagen, Schreib- oder Komponierphasen etc.), und im Vergleichszeitraum 2020 oben genannte Hilfsgelder erhielt, der wird niemals einen Umsatzeinbruch von mindestens 60% belegen können. Auch hier gilt das System der Leistungserbringung – für Verträge in dieser Zeit werden oft die Zahlungen erst hinterher überwiesen. Das gesamte Konstrukt geht an der Realität des Kunst- und Kreativbereichs vorbei. Zu berücksichtigen wäre zudem, dass absehbar auch in den kommenden Monaten die Einnahmen ausfallen werden und so bei einem Jahresvergleich der Umsatzeinbruch ganz sicher mehr als 60 Prozent beträgt! Die Hürden liegen also in jeder Hinsicht so hoch, dass wir davon ausgehen, dass Soloselbstständige kaum davon werden profitieren können. Unser Vorschlag: Bei Solo-Selbständigen den durchschnittlichen Umsatz von drei Jahren ansetzen.
– Der Verweis auf die Grundsicherung: Viele Künstler*innen und Solo-Selbständigen halten dazu aus gutem Grund Abstand: Der „erleichterte Zugang“ wird von sehr vielen Sachbearbeitern einfach nicht umgesetzt. Altersvorsorgen in Form von Aktien/Wertpapieren müssen erst verkauft werden; Bedarfsgemeinschaften verhindern den Zugang: das Bafög der Tochter wird als Haushaltseinkommen gewertet; Anträge sind nach 6 Wochen immer noch nicht bearbeitet; es werden Kontoauszüge eines ganzen Jahres angefordert, und, und, und … Die uns zugetragenen Probleme sind akut und belegt. Eine Verlängerung der Antragsfrist, aber nicht der Dauer, so wie vorgesehen, bedeutet für viele, die diese Hilfsmaßnahmen notgedrungen doch nutzen müssen, weitere Unsicherheit. Die geringe Hinzuverdienstgrenze behindert schließlich jeden Versuch, weiter selbstständig zu arbeiten.
– Kein Trickle-Down-Effekt: Im Programm „Neustart Kultur“ sind Solo-Künstler*innen nur durch Aufträge oder Auftritte der unterstützten Institutionen berücksichtigt. Ob und wann das Programm „Neustart Kultur“ wieder für wirtschaftlich sinnvolle Arbeitsmöglichkeiten für freiberufliche Künstler*innen sorgen kann, ist zurzeit nicht absehbar. Viele öffentlich getragene Einrichtungen wie z.B. Landes- oder Staatstheater, haben von den Landesregierungen strikte Anweisungen gegen das Abschließen von Gastverträgen sowie ein Einstellungsverbot erteilt bekommen. Andere Verbände und Institutionen müssen sich erst kosten- und zeitaufwändige Strukturen schaffen, um Veranstaltungen für die Ausgabe der Gelder zu organisieren. Die Trickle-Down-Theorie funktioniert nachweislich nicht, auch weil die jeweiligen Programme erst mit den Verbänden und dann den Institutionen umgesetzt werden müssen.
Das Leben soll bunt bleiben und nicht grau werden!!!