BBA (BerufsBildungAktuell) im Gespräch mit Ralf Claessen – „Filialleiter“ der IG Metall Krefeld – zum Thema Ausbildung in Teilzeit.
BBA – Ralf, Ihr bildet in Teilzeit aus – wie ist es dazu gekommen?
RC – Bei der ersten Runde „zufällig“, bei der zweiten geplant.
BBA – Was heißt das?
RC – In 2009 haben wir einer jungen alleinerziehenden Mutter die Möglichkeit geboten bei uns ein 3 wöchiges Praktikum zu machen.
Das fand im Rahmen der 6 monatigen Qualifizierungsmaßnahme „Job Club Aktiv“ statt. Gegen alle Bedenken hat es – natürlich auch in Teilzeit – gut geklappt. Die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz war danach nur konsequent.
BBA – Also habt Ihr aus der Praktikantin eine Auszubildende gemacht?
RC – Ja, aber das war nicht ganz einfach… Wir mussten eine Menge Überzeugungsarbeit leisten. Beim Ausbildungsberater der IHK, bei den administrativen Kräften im Team, beim damaligen Bevollmächtigten, beim Ortsvorstand. Meine Kollegin Gisa Prentkowski war damals die Thementreiberin. Ich hatte die Ausbildereignung und eine Kollegin war bereit die Qualifizierung zu machen und sich um die AzuBiene zu kümmern. Alle Steine aus dem Weg geräumt und mit etwas Verspätung gestartet.
BBA – War das eine Ausbildung für den eigenen Bedarf, war eine unbefristete Übernahme geplant?
RC – Weder noch. Die IGM Krefeld ist eine der IGM-Filialen, die sich massiv Strukturwandeleffekten stellen musste. Bei Textil, Stahl und Maschinenbau sind wir nur noch ein Schatten unserer selbst. Mit Blick auf Mitglieder- und Finanzentwicklung hatten wir zu viel Personal an Bord. Die Ausbildung sollte ein arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Beitrag sein. Wir wollten nicht nur von anderen Engagement einfordern sondern auch selbst etwas tun. Sabrina war klar, dass es keine Übernahmezusage gibt. Wir aber großes Bemühen für eine gute Anschlusslösung aufbringen – darum hat Sabrina eine Menge Praxiseinsätze in und ausserhalb der IGM gemacht: Bezirksleitung, Nachbar-Geschäftsstellen, DGB-Bildungswerk, DGB-Region, Betriebsrat Siemens,…
BBA – Wie geht das den in Teilzeit?
RC – Das geht schon. Die „Azubilandverschickungen“ haben wir erst Mitte des 2ten Ausbildungsjahres gestartet und wir konnten nach einer Veränderung der Betreuungssituation Ihrer Jungs auch den Ausbildungsvertrag auf Vollzeit – also 35h-Woche – setzen.
BBA – Und wo ist die Auszubildende dann gelandet?
RC – Bei uns. Wie das Leben so spielt gab es personelle Veränderungen, die es uns ermöglicht haben Sabrina zu übernehmen – gut für Sie, gut für uns.
BBA – Also Runde 1 eine Erfolgsgeschichte, und Runde 2?
RC – Die eine Geschichte hängt mit der anderen maßgeblich zusammen. Sabrina hat die Ausbildereignungsprüfung erfolgreich abgelegt und kümmert sich super um Azubis, Praktikanten und Trainees. Nurdan ist unsere 4te Auszubildende und die zweite in Teilzeit. Das auch Ihre Ausbildung und der Übergang in Beschäftigung eine Erfolgsgeschichte wird, daran arbeiten wir.
BBA – Warum habt Ihr erneut eine Auszubildende in Teilzeit gesucht? Ist Sie eine Bedrafsausbildung mit der Übernahmeabsicht inTeilzeit?
RC – Nein. Ich hocke im Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit Krefeld. Nur auf Zahlen zu schauen und munter zu diskutieren ist mir zu wenig. Ich hab es mir selbst zur Pflicht gemacht vom Reden ins Handeln zu kommen. Mit einem Film und einer kleinen Präsentation mit Sabrinas Beispeil hab ich für ein gemeinsames Ausbildungsprojekt geworben – hat geklappt. Wir und die Unternehmerschaft Niederrhein sind im September 2022 gestartet. Und ich bin zuversichtlich das unser Beispiel Schule machen wird.
BBA – Erzähl mal bitte wie das ganz praktisch ablief.
RC – Ich habe mein Büroteam und den Ortsvorstand von dem Projekt überzeugt. Dann haben wir uns einen Kooperationspartner gesucht. Die Stelle ausgeschrieben und besetzt und los…
BBA – Hört sich einfach an.
RC – Ist es auch. Wir hatten ja schon mal eine Kooperationsazubiene mit START NRW – hat auch gut funktioniert. Für das neue Projekt konnte ich MEK als Koopertaionspartner gewinnen. Die kümmern sich super um Ausbildungsvertrag, Eintragung bei der IHK, Anmeldung beim Berufskolleg, Abrechnung, Prüfungsanmeldung und die Ausbildungsinhalte die wir nicht können.
Wir haben gemeinsam einen Ausbildungsplan gebastelt damit alle „Pflichten“ erfüllt werden und wir auch noch Raum für „Gastauftritte“ haben.
Wenn Nurdan dann mit einem guten Abschluss und einer guten Anschlussverwendung Ihr Zeugnis in Händen hält – wird gefeiert.
BBA – Wow, das hört sich gut an – was kannst Du als Empfehlung weitergeben?
RC – Ausbildung – auch in der IG Metall – geht und lohnt sich. Was man selbst nicht kann, können andere. Teilzeitausbildung ist eine super Möglichkeit. Für Menschen, die Kinder haben oder bekommen, die pflegen, die zusätzliche Förderung brauchen (Sprache), die bei uns ein neues Leben starten wollen, die Ihren Schulabschluss nachholen wollen oder nebenbei noch arbeiten wollen oder müssen. Sabrina, Kai und ich stehen als Teilzeitausbildungsbotschafter gern mit Rat und Tat zur Verfügung! Also ran!
BBA – Danke
RC – Gerne!