Kurs auf die Metall-Tarifrunde 2015: Offensiv für eine neue Bildungsteilzeit
Über 15 000 junge Metallerinnen und Metaller kommen am Samstag nach Köln. Der Anlass, der die Jugendlichen auf die Kölner Straßen treibt, sind mangelnde Bildungschancen. Mit ihrer Kampagne „Revolution Bildung“ wollen sie sich offensiv für eine Bildungsteilzeit stark machen und als Forderung in die Metall-Tarifrunde tragen.
Fast alle reden über Bildung. Bei kaum einem anderen Thema herrscht so einmütig Einigkeit wie beim Thema Bildung. Kaum jemand mag bezweifeln, dass gute Bildung wichtig ist für ein gutes Leben, für Fortschritt und für die Demokratie. Aber nicht alle handeln danach – geschweige denn, begreifen sie auch als eine wichtige Zukunftsinvestition.
Denn in der realen Arbeitswelt herrscht außer bei wenigen Ausnahmen akuter Bildungsmangel, erscheinen Weiterbildung und Qualifizierung oft als graue Theorie. Dabei finden es die meisten Beschäftigten sogar wichtig, sich weiterzubilden. 70 Prozent der Jungen sagten bei der Beschäftigtenumfrage der IG Metall 2013, dass sie sich für ihre Arbeit sogar weiterbilden müssen, um ihren Job gut machen zu können – nannten aber auch im gleichen Atemzug einen guten Grund, warum sie es nicht tun (können).
Motiviert – doch leider keine Zeit und kein Geld
Egal – ob junge Beschäftigte einen Schulabschluss nachholen, sich zum Techniker fortbilden oder ein weiterführendes Studium machen wollen: Den meisten mangelt es nicht an der Motivation. Oft fehlt ihnen dafür entweder die Zeit, das Geld oder beides. Das will die IG Metall ändern. Mit der IG Metall Jugend greift sie jetzt das Thema auf und startet eine Bildungsoffensive.
Ein Höhepunkt ist der Jugendaktionstag am kommenden Samstag in Köln. Dort wollen über 10 000 junge Metallerinnen und Metaller für bessere Bildung demonstrieren. Im Zentrum stehen dabei mehr Zeit und Geld für Bildung und Weiterbildung und „ganz nebenbei jede Menge Spaß„, sagt IG Metall-Bundesjugendsekretär Eric Leiderer. Denn nach dem revolutionären Aktionstag werden die Bands Irie Révoltés, Bosse und der Rapper Marteria auf einem Festival richtig einheizen und für Stimmung sorgen.
Doch auch die Inputs kommen in Köln nicht zu kurz – jedoch schon etwas früher am Tag. Sowohl der IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel als auch geschäftsführendes Vorstandsmitglied Christiane Benner werden am 27. September dabei sein und auf der Hauptkundgebung am Neumarkt die Werbetrommel für eine Bildungsoffensive rühren.
Kurs auf Tarifrunde
Detlef Wetzel ist überzeugt, dass „viele Beschäftigte eine Chance benötigen für einen beruflichen Aufstieg“. Und dafür sei eben Qualifizierung notwendig. So will die IG Metall mit einer Bildungsteilzeit es unter anderem Un- und Angelernten ermöglichen, dass sie einen Berufsabschluss nachholen können. Oder sich Facharbeiter in einer Meister- oder Technikerschule weiterbilden können. Auch ein weiterführendes Studium soll danach möglich sein. Dafür brauchen Beschäftigte Zeit und Geld. „Und das wollen wir in der nächsten Metall-Tarifrunde von den Arbeitgebern abknöpfen“, sagt Wetzel im August-Dialog.
Wie eine solche Bildungsteilzeit funktionieren könnte? „Im Prinzip wie die Altersteilzeit“, meint der Gewerkschafter. Eine Zeit lang arbeitet der Betroffene für etwas weniger Geld. Dann wird er für seine Bildungsmaßnahme freigestellt und bekommt von seinem Chef in dieser Zeit einen Aufstockungsbetrag, so dass er mit einem ordentlichen Entgelt seine Qualifizierung machen kann. Detlef Wetzel: „Man hätte eins, zwei, drei Jahre Zeit dafür und gleichzeitig Anspruch auf Zeit und Geld, so dass man die Qualifizierungszeit gut überbrücken kann.“
Die regionalen IG Metall-Tarifkommissionen sind gerade dabei, die Forderungen für die anstehende Metall-Tarifrunde 2015 zu diskutieren. Denn sie bietet eine erste Chance, neben einem Einkommensplus eine Bildungsteilzeit zu fordern.
Den Aktionstag in Köln wird die IG Metall Jugend als erste Schubkraft nutzen und das Thema Bildung als mögliche Forderung in die Metall-Tarifrunde tragen. Denn: Hat die IG Metall mit der Bildungsteilzeit Erfolg, wäre sie der Türöffner für weitere selbstbestimmte Arbeitszeiten, die den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht werden – hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Leben.
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