„Die Leute sind es leid“, sagt Frank Briese, Mitglied der IG Metall-Tarifkommission bei Ruwel International in Geldern. Er beschreibt damit die Stimmung der 320 Beschäftigten Am Holländer See. Seit dem Jahr 2000 akzeptiert die Belegschaft Abweichungen vom Metall-Tarifvertrag, um Standort und Arbeitsplätze zu retten: Tariferhöhungen fielen aus, die Arbeitszeit wurde verlängert, das Weihnachtsgeld gekürzt. Urlaubsgeld haben die Beschäftigten schon seit 1998 nicht mehr gesehen.
Vier Monate schon verhandeln die IG Metall Krefeld und die IG Metall-Bezirksleitung NRW über einen neuen Haustarifvertrag. Heute sollte weiterverhandelt werden. Da platzte eine Hiobsbotschaft ins Haus: In Kunshan ist ein Kollege tödlich verunglückt. Kunshan bei Shanghai an der Ostküste Chinas ist Sitz von Unimicron, der Muttergesellschaft von Ruwel; beide produzieren Leiterplatten. Wegen des Unfalls fiel die geplante Tarifverhandlung zwischen IG Metall und Geschäftsleitung aus. Denn vom Produktionsausfall in Ostasien ist auch Ruwel betroffen.
Auf Bitte des Krefelder IG Metall-Sekretärs Bernd Börgers sammelten die Beschäftigten, die zum Tariffrühstück gekommen waren, Geld für die Witwe des toten Kollegen. Bei der Spendenaktion kamen 180,00 Euro zusammen. Im Anschluss an die Aktion stockte die Geschäftsleitung den Betrag noch einmal auf, so dass die Spende bisher auf 400,00 Euro angewachsen ist. Von dem verunglückten Kollegen ist nur sehr wenig bekannt: Ein junger Mann, der eine schwangere Frau hinterlässt.
Die genauen Umstände des Unfalls sind noch unbekannt. Eine Ruwel-Kollegin, die zuletzt 2012 in Kunshan war, berichtet: „Die Sicherheitsvorkehrungen dort entsprechen nicht den europäischen Standards. Wir tragen Sicherheitsschuhe, die Beschäftigten dort Schläppchen!“
Das Ziel der Tarifverhandlung, die jetzt schnellstmöglich nachgeholt werden soll, ist: Die Wochenarbeitszeit schrittweise von 37,5 Stunden auf 35 zu verkürzen und – wie in der Metallindustrie insgesamt – die Einkommen um 3,4 Prozent zu erhöhen. „Niemand erwartet Riesenschritte“, sagt Frank Briese. „Wir wollen, dass unsere Leistung anerkannt wird. Die Geschäftsführung muss ein Zeichen setzen, zeigen, dass wir ihr etwas wert sind!“