Ob Sanitär-, Schreiner- oder Metallhandwerk: Die aktuellen Tarifabschlüsse bringen für Handwerksbeschäftigte in diesem Jahr nicht nur deutlich mehr Geld. Ein erster Überblick.
Nachdem es der IG Metall im Sommer letzten Jahres gelungen ist, im Kfz-Gewerbe fast flächendeckend Entgelterhöhungen von zweimal bis zu drei Prozent durchzusetzen, können sich nun auch Kfz-ler im Rheinland und in Rheinhessen auf mehr Geld freuen. Der aktuelle Tarifabschluss beschert den Beschäftigen dort ab Juni ein Lohnplus von 2,9 Prozent. Hinzu kommen Einmalzahlungen von insgesamt 300 Euro. Die Azubis können sich auf ein überproportionales Plus freuen. Sie erhalten ab Juni 40 Euro mehr pro Monat.
Deutlich mehr Geld gibt es auch im Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk, im Raumausstatter- und Sattlerhandwerk sowie im Schreinerhandwerk. Dort haben die IG Metall und ihre Mitglieder es geschafft, Entgelterhöhungen von insgesamt bis zu über sechs Prozent in zwei Stufen durchzusetzen sowie ein überproportionales Plus für Auszubildende.
Tarifgewinner sind die Azubis im Berliner Tischlerhandwerk, deren Vergütungen um fast 20 Prozent steigen. Und die Beschäftigten im Metallhandwerk sowie im Land- und Baumaschinentechnikerhandwerk in Niedersachsen. Dort erhalten Beschäftigte ab 50 zusätzlich 50 Euro monatlich für ihre Rentenkasse, damit sie früher ohne Abschläge in Rente gehen können. Außerdem gibt es 3,2 Prozent mehr Geld, für Auszubildende bis zu 12 Prozent und mehr Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit.
Gute Fachkräfte gibt es nur mit Tarif
Anspruch auf die Tariferhöhungen haben allerdings nur Beschäftigte und Auszubildende in Betrieben, die tarifgebunden sind. Und das ist nur eine Minderheit. Dem Handwerk geht es zwar so gut wie schon seit Jahren nicht mehr. Dennoch werden nur 30 Prozent der Beschäftigten nach Tarif bezahlt.
IG Metall-Tarifexperte Alwin Boekhoff erklärt, warum es wichtig ist, das Nebeneinander von tarifgebundenen und tariflosen Betrieben zu beenden. „Tarifliche Standards sind Grundvoraussetzung, um Arbeitskräfte zu binden und auch zu gewinnen“, sagt Boekhoff. „Ohne Tarifverträge können Betriebe Löhne drücken, Arbeitszeiten verlängern und Urlaubstage streichen.“
In Zeiten, in denen die Wirtschaft boomt, rächt sich diese Haltung von Firmenchefs, die jetzt lautstark über Fachkräftemangel klagen. In einer aktuellen Umfrage gaben 86 Prozent von ihnen an, dass sie freie Stellen nicht besetzen können. Von den jungen Menschen, die eine Ausbildung im Handwerk absolvieren, wandern 35 Prozent nach der Abschlussprüfung direkt in die Industrie ab.
Ein tarifloser Zustand muss kein Dauerzustand bleiben. Die Beschäftigten haben es selbst in der Hand, diese ungerechte Situation zu ändern. Um Betriebe in die Tarifbindung zu holen, hat Alwin Boekhoff für Beschäftigte deshalb ein einfaches und effektives Rezept: „Je mehr, desto stärker und durchsetzungsfähiger.“ Je mehr Beschäftigte sich für einen Tarifvertrag einsetzen und die IG Metall dabei unterstützen, desto größer die Chance, einen guten Tarifvertrag durchzusetzen.