In Emden haben Beschäftigte in eine Fotovoltaikanlage investiert. Der grüne Strom fließt direkt in das Firmennetz – die Einnahmen zu den beteiligten Mitarbeitern. Eine pfiffige Idee, der es Gesetze nicht leicht machen.
Im Volkswagen-Werk in Emden kam Martin Refle eine pfiffige Idee: Warum mit Kollegen nicht eine Genossenschaft gründen und gemeinsam durch regenerative Energie Geld verdienen? „Alle reden immer über die Kosten der Energiewende“, sagt der Betriebsrat. „Reden wir über die gesellschaftliche Dividende – die ist enorm!“ Rund 230 Mitarbeiter ließen sich begeistern und kamen an Bord. Mit ihrem Kapital installierten sie vor etwa fünf Jahren eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Werkshalle 1B.
Der gewonnene Strom treibt beispielsweise Schlagschrauber, Produktionsbänder und andere Anlagen an. Die Solarmodule erwirtschaften einen Gewinn von drei bis fünf Prozent – und weiter steigend. Das Geld des „Kunden“ VW geht über einen Umweg an die Investoren – also die Mitarbeiter, Werksrentner und Verwandte ersten Grades.Die Belegschaftsgenossenschaft bei VW stößt inzwischen auf großes Interesse und hat Nachahmer gefunden. Einige investieren so beispielsweise in ihre Altersvorsorge.
Eine Geldanlage zum Anfassen
Die Genossenschafter um Refle erhalten auf ihr eingesetztes Kapital von 480 000 Euro eine Rendite, wie sie zu den gegebenen Konditionen am Finanzmarkt wohl nur schwer zu finden ist. „Und wir haben etwas zum Anfassen und sehen, wo unser Geld liegt“, sagt der Metaller. Die Idee entsprang nicht zuletzt den Unsicherheiten der aufkommenden Finanzkrise. Daneben unterstützen die Mitarbeiter tatkräftig die Energiewende in ihrem Unternehmen. Das Projekt laufe so gut, dass Refle und seine Kollegen momentan über eine Fortsetzung nachdenken.
Nun muss das mit dem Stromverkauf näher erklärt werden. Leider: Der „Saft“ fließt zwar direkt in das Firmennetz – virtuell allerdings über einen Anschluss des Energieversorgers Eon. So schreibt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor. „Dabei stellen sie in unserem Fall gar keinen realen Anschluss und haben demnach auch keine Anschlusskosten“, grämt sich der Betriebsrat. Dieses Ärgernis kostet die Genossenschaft zweieinhalb Prozent ihrer erzeugten Energie beziehungsweise pro Monat rund 6 000 Euro an Rendite.
Gesetze spielen Arbeitgeber und Beschäftigte gegeneinander aus
„Wir haben schon dicke Bretter bohren müssen“, erinnert sich Refle an die Verhandlung mit Volkswagen. Doch zum Glück haben regenerative Energien am Standort Emden seit Jahren einen hohen Stellenwert. „Blue Factory“ lautet das Stichwort. Dazu zählen zum einen weitere, VW-eigene Fotovoltaikanlagen – aber auch ein sogenannter Energiewald: Pappeln und Weiden treiben dort seit einigen Jahren in die Höhe. Aus deren Biomasse wird in Zukunft umweltfreundliche Wärme erzeugt. Hinzu kommen Windkraftanlagen und moderne Energie-Konzepte. Die genannte Fotovoltaikanlage ist so groß wie ein halbes Fußballfeld und leistet 370 Kilowatt Peak. Mit ihr lassen sich pro Jahr knapp 200 Tonnen CO2 einsparen. Das ist in etwa die Menge, die bei der konventionellen Versorgung von rund 100 Vier-Personen-Haushalten anfällt.
Leider spielen Gesetzestexte solch ambitionierte Mitarbeiter-Projekte und Arbeitgeber gegeneinander aus. Die CO2 Reduktion kann sich Volkswagen nicht anrechnen lassen, erklärt Refle, weil die Einspeisung bereits den Mitarbeitern gemäß dem EEG vergütet werde. In der Konsequenz bekomme der Wolfsburger Konzern für die Fotovoltaikanlage der Genossenschaft keine handelbaren Zertifikate, mit denen Unternehmen normalerweise belohnt werden, wenn sie erneuerbare Energien einsetzen. Das wäre in Verbindung mit dem Treibhaus-Emissionshandelsgesetz (TEHG) eine unzulässige Doppelförderung. „Eine absurde Situation“, kritisiert Refle. „Genossenschaften könnten viel öfter zur Energiewende beitragen und damit auch noch Geld verdienen.“