Hauptsache einen Job – so möchten sich die Menschen nicht mehr abspeisen lassen. Sie wollen sichere und faire Arbeitsplätze. Dazu braucht es eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Mit dem Mindestlohn und der Stärkung der Tarifautonomie hat die Politik erste wichtige Weichen gestellt. Nun muss noch die Mitbestimmung bei Werkverträgen erweitert werden, fordert die IG Metall.
Die IG Metall will den Arbeitsmarkt ordnen. Dabei geht es nicht darum, die Zeit wieder ins vergangene Jahrhundert zurückzudrehen. Die IG Metall verteufelt auch Leiharbeit und Werkverträge nicht grundsätzlich. Doch in den vergangenen Jahren ist auf dem Arbeitsmarkt einiges aus den Fugen geraten, was dringend wieder in Ordnung gebracht werden muss.
Trotz guter Konjunktur bleibt atypische Beschäftigung in Deutschland weit verbreitet. Mehr als 40 Prozent aller Jobs sind keine Normalarbeitsverhältnisse und fast jeder vierte Beschäftigte arbeitet für weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohnes, also für 9,30 Euro. Besonders stark betroffen sind Menschen in atypischen Arbeitsverhältnissen wie Minijobs, Leiharbeit und Werkverträgen. Die Situation ist regional unterschiedlich. In manchen westdeutschen Städten arbeiten sechs von zehn Arbeitnehmern in solchen prekären Beschäftigungsverhältnissen. Das zeigt, wie stark der Arbeitsmarkt gespalten ist.
Leiharbeit und Werkverträge sind zudem Instrumente, die die Unternehmen nutzen um einzelne Aufgaben oder ganze Tätigkeitsbereiche ausgliedern zu können. Das schafft eine Mehr-Klassen-Gesellschaft im Betrieb mit immer mehr Beschäftigten am Rand. Doch die Menschen möchten sich nicht an den Rand drängen lassen. Sie wollen sichere, gute und interessante Arbeit. Das hat die große Beschäftigtenbefragung der IG Metall im Frühjahr 2013 ergeben. Statt Arbeit um jeden Preis wollen die Menschen einen unbefristeten Arbeitsplatz mit einem verlässlichen Einkommen, von dem sie gut leben können. Sie erwarten deshalb, dass die Politik, den Niedriglohnsektor eingrenzt und den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen eindämt. Nur wenn diese Forderungen erfüllt sind, ist Arbeit zu guten Bedingungen und fairer Bezahlung möglich.
Leiharbeit muss wieder auf ihre Ursprungsfunktion zurückgeführt werden. Das bedeutet, Leiharbeitnehmer nur dann einzusetzen, wenn ungeplante Auftragsspitzen zu bewältigen sind. Um den Missbrauch von Leiharbeit zu stoppen, hat die IG Metall schon vor Jahren in den Unternehmen Besservereinbarungen abgeschlossen und 2012 dann auch mit Tarifverträgen nachgezogen. So ist es gelungen Leiharbeit ein Stück weit fairer zu regeln.
Auch auf Werkverträge sollten die Firmen nur dann zurückgreifen, wenn Aufgaben anliegen, die nicht zu den Tätigkeiten der im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter gehören. Beispielsweise ein Gas-Wasser-Installateur, wenn die Heizung undicht ist. Doch in Firmen, in denen früher nur das Putzpersonal, der Pförtner und die Kantine outgesourct waren, werden inzwischen komplette Tätigkeitsbereiche aus dem Produktionsablauf herausgeschält und dauerhaft an Fremdfirmen vergeben – in der Regel zu schlechteren Bedingungen. Das setzt auch die Stammbelegschaft unter Druck.
Mehr Information ist gut …
Die Politik will rechtswidrige Vertragskonstruktionen bei Werkverträgen zulasten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verhindern. Dazu sollen die Informations- und Unterrichtungsrechte von Betriebsräten konkretisiert werden. Die IG Metall begrüßt, dass die Informationsrechte für Betriebsräte bei Werkverträgen verbessert werden sollen, doch das reicht nicht. Um tatsächlich Nachteile für Werkvertragsbeschäftigte und das Auslagern von Tätigkeitsbereichen im Betrieb zu verhindern, müssen Betriebsräte mitbestimmen können, wenn Fremdfirmen im Unternehmen eingesetzt werden.
Einiges hat die Regierungskoalition schon angestoßen. Die IG Metall begrüßt das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie und den gesetzlichen Mindestlohn, der Anfang 2015 kommen soll. Mit der gesetzlichen Untergrenze beim Entgelt wird dem Unterbietungswettbewerb bei den Löhnen ein Riegel vorgeschoben und der Fall nach unten stoppt. Notwendig ist jedoch eine regelmäßige Anpassung. Die IG Metall fordert, dass die Mindestlöhne ebenso wie die Tarifentgelte in der Gesamtwirtschaft regelmäßig steigen. Der Abstand zwischen Mindestlöhnen und Tariflöhnen darf sich nicht vergrößern.
… aber notwendig ist echte Mitbestimmung
Auch den Plan, die Überlassungsdauer in der Leiharbeit auf 18 Monate zu begrenzen, begrüßt die IG Metall. Mit den tariflichen Verbesserungen bei der Leiharbeit hat die IG Metall schon vor langem den Finger in die Wunde gelegt. Sie hat erst Besservereinbarungen in den Firmen geschlossen und dann mit Tarifverträgen zu Mitbestimmung, Zuschlägen und Equal Pay Verbesserungen für Leiharbeitnehmer erzielt. Sie begrüßt, dass nun die Politik nachzieht. Wenn die Leiharbeit jetzt auf ihre Kernfunktion zurückdreht wird. können Leihbeschäftigte künftig auch nur noch bei vorübergehenden Personalengpässen eingesetzt werden.
Doch um das Paket komplett zu machen und die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich zu kitten, fehlt die Mitbestimmung. Denn bislang finden die Unternehmen noch immer Schlupflöcher, um Arbeit auszugliedern – erst war es die Leiharbeit und später sind die Betriebe auf Werkverträge ausgewichen, nachdem die IG Metall mit Tarifverträgen Verbesserungen für Leiharbeiter erzielt hat.
Dass die Regierung nun den Betriebsräten erweiterte Informationsrechte zubilligen will, ist gut, doch es reicht nicht. Denn um dem Missbrauch von Werkverträgen tatsächlich vorzubeugen, sind klare gesetzliche Regelungen notwendig. Betriebsräte brauchen mehr Mitbestimmung bei der Vergabe von Aufträgen an Subunternehmen, um auch juristisch handlungsfähig zu sein.