Wir befinden uns in einer beispiellosen Krise: Das Coronavirus breitet sich rasend schnell aus. Jetzt geht es in erster Linie um unser aller Gesundheit – aber dann auch um Arbeitsplätze und unsere Einkommen. Die IG Metall bleibt in dieser beispiellos schwierigen Lage an der Seite seiner Mitglieder und gibt Antworten auf die drängendsten Fragen. Wie ansteckend ist das Coronavirus? Wie kann ich mich schützen? Was bedeutet das für meinen Arbeitplatz? Welche Rechte und Pflichten habe ich als Arbeitnehmer?
Darf ich aus Angst vor Ansteckung von der Arbeit fernbleiben?
Nein. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen der Arbeit nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig sind. Ist das nicht der Fall, sind sie zur Arbeit verpflichtet.
Auch bei Ansteckungsrisiko: Muss ich für eine Krankmeldung die Arztpraxis aufsuchen?
Nicht in jedem Fall: Ab sofort bekommen Beschäftigte mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis maximal sieben Tage ausgestellt. Sie müssen dafür nicht die Arztpraxen aufsuchen. Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband verständigt.
Die Regelung gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik vorweisen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 erfüllen. Diese Vereinbarung gilt ab 9. März für vier Wochen.
Besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch bei Quarantäne?
Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Gehaltszahlung vom Arbeitgeber während einer Quarantäne. Nur bei einer Arbeitsunfähigkeit wäre der Arbeitgeber verpflichtet, Lohnfortzahlung zu leisten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten aber eine Entschädigung in Höhe des Gehalts.
Sachlich besteht der Entschädigungsanspruch gegen die Landesbehörde, die die Quarantäne angeordnet hat. Damit aber Beschäftigte möglichst ohne Unterbrechungen Geld bekommen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit der Entschädigungszahlung in Vorleistung zu gehen – für die Dauer von höchstens sechs Wochen. Falls der Arbeitgeber nicht in Vorleistung geht, zum Beispiel, weil er sich weigert, können sich Beschäftigte mit ihrem Entschädigungsanspruch direkt an das Landesamt wenden.
Kitas und Schulen zu: Was Eltern jetzt wissen müssen
Um die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu verlangsamen, haben die Bundesländer die Schließung von Kitas und Schulen bis auf weiteres beschlossen. Für Schüler, die in nächster Zeit Prüfungen wie das Abitur ablegen, gibt es Sonderregelungen. Doch wie regeln Eltern jetzt die Betreuung?
Dürfen berufstätige Mütter und Väter zu Hause bei den Kindern bleiben?
Arbeitende Eltern sind grundsätzlich selbst für die Unterbringung ihrer Kinder verantwortlich. Fehlende Betreuung erlaubt ihnen deshalb nicht, einfach daheimzubleiben. Wenn sie sich aber nachweislich und erfolglos um eine Betreuung bemüht haben und ihnen nicht zumutbar ist, dass sie ihre Kinder – dies gilt jedenfalls für Kinder unter 12 Jahren (analog § 45 SGB V) – alleinlassen, können sie von ihrem Recht zur Leistungsverweigerung Gebrauch machen (§ 275 Abs. 3 BGB). Aufgrund der bundesweiten Schließung von Kitas und Schulen dürfte ein solches Recht in der Regel zu bejahen sein.
Wie steht es um die Bezahlung?
Ob die Entgeltfortzahlung auf Grundlage von Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs („vorübergehende Verhinderung“) möglich ist, ist unter Juristen umstritten. Der Paragraf besagt, dass wer ohne eigenes Verschulden und aus einem persönlichen Grund nicht zur Arbeit kommen kann, trotzdem weiter Gehalt erhält. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Arbeitnehmer vorher intensiv geprüft haben, ob es eine andere Möglichkeit für die Betreuung ihrer Kinder gibt.
Der Paragraf 616 sichert aber nicht – auch nicht anteilig – die Entgeltzahlung für eine langfristige Verhinderung, wie sie jetzt durch die Schulschließungen für Wochen entstehen kann. Außerdem gibt es viele tarifliche und arbeitsvertragliche Regelungen, die die etwas schwammige Regelung des § 616 BGB („für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“) so konkretisieren, dass es für Umzug, Heirat usw. einen Tag bezahlte Freistellung gibt. Tipp: Wenn es für diese genannten Fälle in einem tarifgebundenen Betrieb bezahlte Freistellung gibt, ist dies ein Hinweis dafür, dass der § 616 BGB nicht als Grundlage für die Entgeltfortzahlung im Falle der Corona-Pandemie infrage kommt.
Was ist Eltern zu empfehlen?
Aufgrund der unsicheren Rechtslage sollten Eltern nicht nur auf die Kulanz des Arbeitgebers setzen, sondern sich an ihren Betriebsrat wenden, damit im Betrieb eine einheitliche Regelung erreicht wird. Im Zweifelsfall müssen Eltern Arbeitszeitguthaben einsetzen. Alternativ kann man den Arbeitgeber um eine Freistellung bitten, dann allerdings ohne gesicherte Bezahlung. Die durch die Corona-Pandemie entstandene Betreuungsnotwendigkeit von Kita- und Schulkindern verlangt nach einer politischen Entscheidung des Gesetzgebers.
Wie können Eltern das Betreuungsproblem lösen, wenn Großeltern zur besonders anfälligen Risikogruppe gehören?
Berufstätige Eltern müssen sich auch bei den jetzigen Schul- und Kitaschließungen um die Sicherstellung der Betreuung kümmern; am besten im Dialog mit ihrem Arbeitgeber. Fallen die Großeltern als Betreuer aus, könnte ein sogenannter Leistungshinderungsgrund (§ 275 Abs. 3 BGB) vorliegen. Denn es ist oft nicht zumutbar, das Kind alleine zu Hause zu lassen. Der § 45 SGB V („Krankengeld bei Kind krank“) geht von einer Altersgrenze bis zum 12. Geburtstag aus, anders verhält es sich, wenn es sich um ein Kind mit Behinderung handelt. (Zur Bezahlung vgl. oben: Wie steht es um die Bezahlung?
Darf ich im Homeoffice beziehungsweise von zu Hause aus arbeiten?
Das Thema Homeoffice sollten Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber besprechen. Hier gibt es tarifliche und betriebliche Lösungen. Ein allgemeiner Anspruch auf Homeoffice besteht nicht. Auch hier sollten sich Beschäftigte an ihren Betriebsrat wenden.
Darf ich mein Kind mit zur Arbeit nehmen?
Einen Anspruch darauf, sein Kind oder seine Kinder mit ins Büro oder die Firma zu nehmen, gibt es nicht. Das ginge nur in Absprache mit dem Arbeitgeber. Es widerspricht auch dem Rat der Gesundheitsexperten, soziale Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren.
Fragen und Antworten rund um den Arbeitsplatz
Auch die Arbeitsplatzsicherheit stellt das Coronavirus vor viele Herausforderungen. Was darf und muss der Arbeitgeber regeln. Wir haben die Antworten auf die wichtigsten Fragen für euch zusammengestellt.
Kann der Arbeitgeber zusätzliche Überstunden anordnen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?
Überstunden können nur mit Zustimmung des Betriebsrats – und wo dieser fehlt – nur mit Zustimmung der oder des Beschäftigten angeordnet werden, wenn sich die Ableistung nicht aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Eine Pflicht zur Ableistung von Überstunden besteht ansonsten nur bei einem schwerwiegenden drohenden wirtschaftlichen Schaden, wenn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben eine Rücksichtnahme des Arbeitnehmers erwartet werden kann. Da Überstunden nur nach Tarifvertrag zuschlagspflichtig sind, sollte außerhalb einer Geltung des Tarifvertrags der Zuschlag gesondert vereinbart werden.
Kann der Arbeitgeber das Tragen einer Atemschutzmaske anordnen?
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist immer an den Grundsätzen von Treu und Glauben, das heißt auch der Verhältnismäßigkeit zu messen. Derzeit besteht keinerlei Gefährdungslage. Bei einem Verdacht auf Erkrankung besteht auch eine Notwendigkeit, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, womit sich die Frage einer Arbeit mit Maske nicht stellt. Dass ärztliches Behandlungspersonal hingegen zum Tragen von Schutzmasken verpflichtet ist, dürfte klar sein.
Darf der Arbeitgeber einen Atemschutz verbieten?
Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sollte sich generell rücksichtsvoll anderen gegenüber oder auch zum Schutz der eigenen Gesundheit verhalten. Es besteht kein Grund, einen Mundschutz zu verbieten.
Darf der Arbeitgeber kranke Beschäftigte nach Hause schicken?
Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber wegen jeder Erkrankung von der Arbeitspflicht entbinden. Bei einer ansteckenden Krankheit ergibt sich das auch aus der Fürsorgepflicht den gesunden Mitarbeitern gegenüber.
Dürfen Arbeitgeber fragen, woran Beschäftigte erkrankt sind?
Nein. Beschäftigte sind hierzu nicht verpflichtet Auskunft zu geben.
Muss der Arbeitgeber Desinfektionsmittel oder Atemschutz bereitstellen?
Derzeit besteht eine solche Pflicht nicht. Er handelt aber in eigenem Interesse, mögliche Übertragungswege einzudämmen.
Kann der Arbeitgeber Arbeitnehmer zwingen, Urlaub zu nehmen?
Nach Paragraf 7 BUrlG hat der Arbeitgeber bei der Festlegung der Lage des Urlaubs auf die Wünsche des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Es sei denn, dem stehen dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche schutzwürdigerer Kollegen entgegen. Einseitig kann der Arbeitnehmer also nicht einfach dazu gezwungen werden, Urlaub zu nehmen. Gewährt der Arbeitgeber Urlaub, ohne dass der Arbeitnehmer das wünscht, kann sich der Arbeitnehmer mit einer sogenannten Annahmeverweigerung zur Wehr setzen und für einen späteren Zeitpunkt Urlaub verlangen, wenn der Urlaub dann noch durch Freistellung gewährt werden kann und nicht dringende betriebliche Erfordernisse oder die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Grundsätze der Urlaubsgewährung sind mit dem Betriebsrat abzustimmen.
Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zwingen, Überstunden abzubauen?
Das kommt auf die jeweilige Betriebsvereinbarung an. Gewöhnliche Gleitzeitvereinbarungen sehen meist ein Kontingent vor, über das der Arbeitnehmer zu verfügen hat.
Darf der Arbeitgeber Betriebsferien vereinbaren?
Der Arbeitgeber kann Betriebsferien mit dem Betriebsrat vereinbaren. Neben den betroffenen Bereichen ist auch die Dauer mit dem Betriebsrat abzustimmen. Wenn es zum Arbeitsausfall kommt, könnte der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber auch Kurzarbeit vereinbaren.
Fragen und Antworten zur Schließung von Jobcentern und Arbeitsagenturen
Wie komme ich an mein Geld bei Jobcentern und Arbeitsagenturen?
Die Auszahlung der Geldleistung ist sichergestellt. Für Notfälle wird vor Ort eine Kontaktmöglichkeit geschaffen. Die Einrichtungen informieren über die regionale Presse und über Aushänge über diese Möglichkeiten.
Den Antrag auf Arbeitslosengeld I können Sie online stellen.
Den Neuantrag auf Arbeitslosengeld II finden Sie online
Muss ich vereinbarte Termine absagen?
Nein. Vereinbarte Termine müssen Bürger nicht absagen, weder telefonisch noch per Mail. Es gibt keine Nachteile. Es gibt keine Rechtsfolgen und Sanktionen. Gesetzte Fristen werden vorerst ausgesetzt. Die Kundinnen und Kunden erhalten rechtzeitig eine Nachricht, wenn sich diese Regelungen ändern.
Wie melde ich mich arbeitslos?
Betroffene können sich telefonisch arbeitslos melden. Sie erhalten dann den Antrag auf Arbeitslosengeld.
Allgemeine Fragen und Antworten zum Coronoavirus
Wie ansteckend ist das Coronavirus?
Es ist sehr ansteckend. Ansteckungswege sind Tröpfcheninfektionen über Husten, Niesen und Auswurf im nahen Kontakt (weniger als einem Meter) zu Infizierten. Außerdem kann das Virus mehrere Tage auf Oberflächen wie Türklinken, Aufzugknöpfen und Tastaturen von Bankautomaten überleben. Auf Plastik sind es bis zu neun Tage! Laut dem Robert-Koch-Institut gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit von einer Inkubationszeit – der Phase von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch – von bis zu 14 Tagen aus. Das heißt: Wer sich infiziert hat, kann zwei Wochen lang Menschen infizieren, ohne von seiner Erkrankung zu wissen.
Können importierte Waren oder deren Paketverpackungen aus Regionen, wo das Coronavirus verbreitet ist, Infektionsquelle sein?
Ob ein Paket oder Waren aus vom Coronavirus-Ausbruch betroffenen Regionen als Überträger von SARS-CoV-2 fungieren können, ist von der Dauer des Transports abhängig. Auf Pappe überlebt das Virus laut Studien bis zu fünf Tage. Wer sichergehen will, desinfiziert Pakete mit als „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren), „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ ausgelobten Reinigungsmitteln und wäscht sich anschließend die Hände.
Wie kann ich das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus für mich und andere senken?
Hände waschen. Mehrmals täglich gründlich mit warmem Wasser und Seife, zwischen den Fingern, hoch bis zu den Handgelenken. Anschließend gut abtrocknen. Händewaschen vor allem nach der Ankunft zu Hause oder am Arbeitsplatz, nach dem Besuch der Toilette, vor den Mahlzeiten, vor und nach der Zubereitung von Speisen, vor und nach dem Kontakt mit Kranken.
In die Armbeuge oder in ein Einwegtaschentuch niesen oder husten. Taschentücher direkt entsorgen. Wer in die Hand niest oder hustet, verbreitet Krankheitserreger durch Händeschütteln oder über Türklinken.
Grüßen mit Abstand. Besser auf Handschlag oder eine Umarmung verzichten.
Achtung Schmierinfektion! Möglichst wenig ins Gesicht fassen, damit Viren nicht von den Händen an die Schleimhäute und in die Atemwege gelangen.
Das richtige Desinfektionsmittel benutzen. Wer Desinfektionsmittel für Flächen oder Hände benutzen will, sollte laut dem Robert-Koch-Institut auf die Auslobungen „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren), „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ achten.
Abstand halten. Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen mit Erkältungssymptomen halten.
Bietet ein Mundschutz oder eine Atemmaske Schutz gegen das Coronavirus?
Nein. Laut dem Robert-Koch-Institut verringert das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, nicht signifikant.